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Gebrüder Brast Bahn - Teil 2

Dr. iur. Ernst Kistler, Artikel aus dem Jahre 1990

Die BBB-Dampfmodellbahn

Unmittelbar hinter dem Bahndamm, also westlich, im Obergrüt, lagen die Grundstücke der Familie Brast. Sie umfassten etwa 52 a Land mit Einfamilienhaus und Schopf. Anfangs der fünfziger Jahre wurden sie verkauft und mit der westlichen Verlängerung der Schöneggstrasse, nun durch den Damm hindurchgeführt, sowie mit verschiedenen Häusern (Schöneggstrasse Nr. 38-44) überbaut. Auf der erwähnten Fläche, im vordem, der Strasse zugewandten Teil mit Bäumen und Büschen, hinten mit einem weiten Nutzgarten, betrieben die Brasts während der Kriegsjahre und etwas nachher eine Bahn in Spur 18,4 cm mit Dampflokomotiven und Personenbeförderung. Brüder-Brast-Bahn (BBB) hiess sie offiziell; der Volksmund nannte sie Brast-Buben-Bahn.

Die Brasts: Sie stammen aus Leibstadt, vorher waren sie Bürger von Ufhausen/ LU. Grund für den Wohnortswechsel von Franz Joseph, 1859-1930 (verheiratet gewesen mit Louise, geb. Haller, 1863-1928) von Zürich Aussersihl nach Brugg war sein Beruf. Er war dem Depot Brugg zugeteilter Lokomotivführer, früher bei der Nordostbahn (NOB), ab 1902 bei den SBB. Wenn er mit weicher Schirmmütze, russigem Gesicht und farbigem Halstuch lässig aus dem Fenster lehnte und die Komplimente der Passagiere erntete, weil er den Zug auf die Minute genau im Bahnhof zum Stehen bringen und gar eine Verspätung einfahren konnte, wenn er den Koloss zischen, hämmern, pfeifen, fauchen oder donnern, Rauch schwarz oder weiss aufwirbeln oder blass zerzäuseln lassen konnte, dann erregte er bei den Aufgeklärten Bewunderung, bei den Ängstlichen war er des Teufels. Folgerichtig wurden deren Ehefrauen aus Respekt bzw. aus Vorsicht (man konnte ja nie wissen) mit «Frau Lokführer» angeredet.

Zuerst bediente Franz Brast eine «Esslinger» C 2/2, dann eine A 2/4, zuletzt eine A 3/5. Die Tätigkeit des Vaters packte die Kinder allerdings nicht restlos, denn die wochenlangen Abwesenheiten, wenn er mit seiner Maschine am Gotthard Schiebedienst leistete, wirkten zugleich abschreckend. Deshalb dürfte ihm keines unmittelbar in den Fussstapfen gefolgt sein. Aber Walter, 1884-1955, Bahnbeamter, und Hans, 1899-1988, sowie Viktor, 1902-1977, beide Automechaniker, opferten ihre Freizeit restlos der Modellbahn. Walter blieb als SBB- Einnehmer wohnhaft in Brugg, Hans und Viktor indessen zügelten nach Luzern, wo sie an der Keller-Strasse eine Autogarage betrieben. Sie arbeiteten handwerklich meisterhaft, aber ohne viel kaufmännisches Geschick. So missfiel ihnen die Total-Revision eines extra aus London überstellten Rolls-Royce im Grunde, weil sie nicht wussten, ob sie für ihre einwöchige Arbeit etwa so viel verlangen durften, wie alleine der Transport des Fahrzeuges kostete.

Die Bahnen

Die erste Modellbahn, mit der sich die Gebrüder Brast beschäftigten, besass Spur 1,5. Das Rollmaterial stellten sie aus Kostengründen und wegen der Detailtreue meist selbst her, entweder gänzlich oder aus Halbfabrikaten. Die wenigen im Handel erhältlichen Weissblech- oder Tinplate-Bahnen waren Spielzeug-, keine Modellbahnen. Die Bestandteile stammten vorwiegend aus England, das im Modellbau führte (betreffend Eisenbahn ohnehin). Dampf (Brennelement Spiritus) oder Federwerk trieb die Loks an. Platz für die Anlage war im Garten und im Hause. Dort habe sich die Gleisführung noch Jahre nach der Demontage anhand der Dampfspuren an den Zimmerdecken rekonstruieren lassen. Dauerhafte Zeugen draussen waren Viadukte und Dämme.

Ende der dreissiger Jahre, als die Luzerner-Brasts infolge der Krise im Autogewerbe zwangsläufig über reichlich Freizeit verfügten, wandten sie sich einer Bahn im Massstab 1:8 mit der Spur 7 1/4 Zoll oder 18,4 cm zu. Die erste Lokomotive der neuen Dampf-Bahn, die nun endgültig nur noch im Garten betrieben werden konnte, war eine A 2/4 «King George Fifth», 213,5 cm lang, 50,8 cm hoch, 34,0 cm breit, Dienstgewicht 230 kg. Der dreiachsige Tender fasste 25l Wasser und diente dem Führer als Sitz. Der Betriebsdruck bewegte sich um 7 atü. Die Höchstgeschwindigkeit betrug unter Vollast 25 km/h. Eine englische Lokomotive zum Vorbild war nicht zufällig. Die mit der Bahn geknüpften Bande zu englischen Herstellern rissen nie mehr ab. Die dortigen (Chef-) Ingenieure der Lokomotivfabriken lieferten anstandslos, gar äusserst zuvorkommend Blaupausen, und die englischen Maschinen waren insgesamt moderner als die kontinentaleuropäischen und insbesondere als die schweizerischen, wechselten die SBB doch früh vom Dampfbetrieb zur elektrischen Traktion.

Auf die «King George» folgte ein Jahr später die «Royal-Scot», eine A 3/5 mit 243 cm Länge und 230 kg Gewicht, später eine (Esslinger), C 2/2, 254,5 cm lang und 140 kg schwer, dann (1945/46) eine «Flying Scotsman» A 3/6, 270 cm lang und 400 kg schwer, Betriebsdruck 12 atü, schliesslich, 1956, eine «Sun-Star», wiederum eine A 3/6. Eine weitere Lokomotive bauten die Brasts für ihren Freund Richard Zumbach, Biel, und Jürg Brast, Viktors Sohn, erhielt eine «Royal-Scot» 1973.

Auffällig sind bei den englischen Maschinen die roten, blauen oder grünen Kessel. Infolge des engen Lichtraumprofils haben sie ein eher geducktes Aussehen. Die typische Silhouette mit Kamin, Dampf- und Sanddornen sowie mit abgehobenen Rädern fehlt beinahe. Die faszinierenden Ungetüme im Kleinen wurden nicht bloss aus Zeitvertrieb gebaut, sondern auch eingesetzt. Sie schleppten bis zu zehn Wagen hinter sich, in denen Personen jeden Alters Platz nehmen und mitfahren konnten. Die Bahn in Brugg war eine Sensation, Magnet für Publikum, Illustrierte und Filmwochenschauen. Das Interesse am Fahren war derart gross, dass eine Lokomotive nicht genügte und eben zusätzliche zum Vorspannen oder als Reserve hergestellt werden mussten. Zusammen mit den Bahnen Spur I und 0, die die Familie Lang auf dem Dachboden ihres Hotels «Bahnhof Terminus» seit 1924 hegt, geriet Brugg zu einem Modellbahn-Mekka. - Eisenbahnen gehörten damals noch nicht zur Spielzeug-Grundausrüstung, nicht bei Kindern und schon gar nicht bei Erwachsenen. Kein Wunder, dass (nicht nur) Brugger ständig ins Obergrüt hinauspilgerten und dort ergeben die Anlagen bestaunten, wenn sie auf der grösseren Bahn nicht gleich mitfahren durften oder konnten.

Im Laufe der fünfziger Jahre entschlossen sich die Brasts zum Bau einer weiteren Modellbahn, nämlich im Massstab 1:4 oder in Spur 15 Zoll (38 cm). Es entstanden eine A 3/5 der SBB, eine A 2/4 und eine Esslinger mit Dienstgewichten zwischen 2,5 und 4,0 t, Breiten, Höhen und Längen um 80, 90 bzw. 400 cm, Dampfdruck 5 atü, Verbrauch an Wasser und Kohle 250l bzw. 25 kg/Tag. Diese Maschinen konnten deutlich längere Züge ziehen und mehr Personen befördern, aber ein Durchbruch blieb ihnen versagt: Den Leuten gefielen die kleinem besser.

Bau und Betrieb

Die 7 1/4-Zoll-Spur war damals praktisch unbekannt, und die Brasts bauten alles selbst: Geleise, Weichen, Brücken, Drehscheiben, Wagen, Lokomotiven. Als Geleise wurden anfänglich einfache Doppel-T-Profile verwendet, die der Realität in keiner Weise entsprachen, aber zweckmässig waren. Die Passagiere sassen auf zwei- oder vierachsigen, kurzgekuppelten Rollwagen (System Talbot, offene Niederbordwagen, je zwei Personen vis-a-vis, die Füsse im Wagen). Der Maschinist dagegen musste standesgemäss untergebracht werden. Demnach kam einzig der Tender in Frage, weshalb die Brasts nur Schlepptender-Lokomotiven nachbauten. Der Führer hockte also auf dem Tender, die Beine angewinkelt, und bediente Regler, Steuerung, Bremse, Pfeife, Ventile und beobachtete Manometer und Wasserstand.

Der Bau von Dampflokomotiven ist langwierig und anspruchsvoll. Auf Sicherheit muss beim Kessel geachtet werden und auf Genauigkeit beim Triebwerk. Hier finden wir jene Stangen, die die Bewegung aus der waagrechten in die kreisende überführen, und jene, die die Kraft auf alle Achsen übertragen, mit Kolben, Zapfen, Lager, Kreuzkopf, Schwingen, Voreilhebel, Schieber etc., also die ganze Mechanik, die bei Höchstgeschwindigkeit für das Auge nicht mehr wahrnehmbar auf- und ab- und hin- und hersaust. Dazu kommen das Fahrwerk mit Achsen und aufgepressten Rädern sowie die Hilfsgeräte wie Schmier- und (zwei) Wasserpumpen, Pfeife, Blasrohr, Manometer, Wasserstandsglas, Schlammhahnen, Bremse (Dampfbremse bei der Maschine und Klotzbremse - von Hand - beim Tender), Messinstrumente, Ventile.

Allein mit Verkleinerung des Vorbilds ist es nicht getan. Die Schrauben, Achsen etc. müssen der Belastung auch gewachsen und die Hebel, Ventile usw. bedienbar sein. Gefeuert wurde mit Kohle, angeheizt mit Tannzapfen und Holz. Ein während der Anfeuerzeit am Kamin angeschlossener Staubsauger sorgte für Zug und schürte das Feuer. Oft wetteiferten die Lokführer mit Frau Frieda Brast, welcher Apparat zuerst unter Dampf stehe, der Dampfkochtopf oder die Lokomotive. - Während der mit der Spritzkanne gefüllte Kessel aufgeheizt wurde, kümmerte sich der Maschinist um die übrigen Teile der Lokomotive: Absaugen von altem Öl und Wasser, Kontrolle des Triebwerkes, Ölen der Lager und immer wieder ein Blick aufs Manometer, ob der Druck im Kessel auf Arbeitshöhe gestiegen sei. Nach der Fahrt musste retabliert werden: Löschen des Feuers, Entfernen von Schlacke und Asche, evtl. Beheben von Lagerschäden. Im Depot wurde ausgekratzt, gehämmert, geschweisst, genietet, gebohrt. In der Luft hing ein Gemisch von Öl, Schwefel, Dampf, Rauch und Schweissbrennern.

Die Unterhaltsmittel bestanden aus Schweinefett (zum Glänzen des Dampfdomes), Maschinenfett, Wollgarn, Dichthanf, Kreidemehl, Rüböl (für die Lampen), Loköl, Putzpomade, Putzfellen, Unschlitt, Kutschenlack, Weingeist, Schwefelblüte (Zusatz zum Öl) etc. Die Brasts waren vieles in einer Person: Heizer, Drehscheibenwärter, Ausschlacker, Lokputzer, Lokführer, Schlosser, Schmiede, Gleisbauer, Streckenwärter. Die Handhabung der Maschinen war (und ist) eine Kunst. Der Lokführer muss gefühlvoll mit dem Regler, der Dampf in die Zylinder leitet, mit der Ventilsteuerung, die die Einströmdauer und die Fahrrichtung bestimmt, und mit der Bremse spielen. Zudem muss er (bei grossen Maschinen der Heizer) jederzeit den erforderlichen Dampfdruck sicherstellen. - Es soll Spezialisten gegeben haben, die ohne Dampf und Wasser, selbst ohne Feuer, unter Spottgelächter die Modellmaschinen von der Strecke zurückschieben mussten.

Das Fahren blieb deshalb den Männern vorbehalten. Nur Frieda Brast liess sich in das Handwerk einweihen, weil sie nicht umsonst den weitläufigen Garten pflegen und sonntags für die vielen zusätzlichen Personen kochen wollte. Höhepunkt ihrer Karriere war, als sie eine Kompanie Soldaten bis auf den letzten Mann herumführte.

Die Anlagen

Die Brasts besassen in Luzern nur die Werkstatt, aber kein Land für eine Anlage. Deshalb legten sie ihre Geleise auf dem Areal in Brugg aus. Hinter dem Haus befand sich der Bahnhof «Brugg West». Aus einer kleinen, extra errichteten Holzhütte wurden Billette verkauft. Da fuhren die Züge ab. Anschliessend führten die Schienen mit den ölig-schwarzen Schwellen ums Hühnerhaus, vorbei an mancherlei Federvieh, und um den Fischteich, mündeten via eine Weiche ins Hauptgeleise, dann nordwärts über eine Matte und in einem Bogen um den Garten herum, am Fuss des SBB-Dammes südwärts unter die Bäume, vor dem Haus hindurch (das ist unklar), über eine zweiteilige Fischbauch- Stahlwerkbrücke, die der bei Altenburg nachempfunden war, und erneut in den Garten hinaus. Über eine zweite Weiche gelangte man wieder in den Bahnhof. Die Strecke war rund 200 m lang und wies eine 50 m lange Rampe mit 22 Promille Steigung auf. Von einer Drehscheibe gingen kurze Abstellgleise aus. Im Schopf, der als Remise herhalten musste, wurden die Lokomotiven abgestellt, und zwar erhöht. Darunter standen die Wagen. Vor dem Depot befand sich eine Grube, über der die Maschinen entleert werden konnten.

Gefahren wurde in erster Linie an schulfreien Tagen. Das «Billet» kostete einige Rappen, während des Krieges, in Zeiten der Rationierung, ein paar Brocken Kohle. Sonntags drängten oft derart viele Leute, dass die Schlange der Wartenden bis zur Strasse reichte. Mit der Zeit verleidete den Brasts das Pendeln zwischen Luzern und Brugg, und sie suchten ein näher gelegenes Gelände. Sie zügelten die Anlage nach Horw. Es entstand eine mit einer Gleislänge von etwa 400 m, und der Erfolg stellte sich wiederum schlagartig ein. Der zu geringe Umschwung für die Besucher befriedigte jedoch nicht. Von neuem spähten die Eisenbahner aus, und sie fanden 1951 einen Platz in Luzern, beim Strandbad Lido, hinter dem Verkehrshaus.

Die Bahn war nun nicht mehr Hobby, sondern Hauptbeschäftigung. Die Luzerner-Brasts vermieteten die Garage und widmeten sich ausschliesslich der BBB. An jene Anlage in Luzern erinnere ich mich gerne, denn die Besuche im Verkehrshaus endeten stets mit einer Fahrt auf der Bahn. Linkerhand beim Eingang befand sich auf Augenhöhe eines Dreikäsehochs eine Lokremise mit einer Drehscheibe davor. Oft lugte eine Maschine aus dem Depot heraus, während eine andere auf der Scheibe stand, makellos herausgeputzt und Ventile und Steuerhebel auf Hochglanz poliert. Auf dem Aufheizgeleise harrte die Reservemaschine unter Dampf. Meist herrschte, auch auf der im Innenkreis zirkulierenden grössern Bahn, reger Verkehr.

Fuhr ein Zug in den dreigleisigen Bahnhof ein, so wurden die Wagen gestürmt. Schliesslich dampfte man auf eine allzu kurze Rundreise (600 m) davon, ratternd und schlingernd über die Geleise, donnernd zwischen Schilfbeständen hindurch, rauschend über Gitterbrücken, die sich elegant über Tümpel schwangen, hallend durch einen dunkeln, feuchten Tunnel. Die Anlage war wundersam in das weitläufige Sumpfgelände eingebettet. Gerade der Sumpf wurde den Betreibern zum Verhängnis: Niemand ahnte in den fünfziger Jahren, dass auf diesem Boden gebaut werden könnte. Deshalb schlugen die Brasts das Angebot zum Kauf für einen Spottpreis aus und begnügten sich mit Pacht. Doch das Unerwartete geschah, und aus dem Sumpf entstand Bauland.

Den Brasts wurde im Laufe der sechziger Jahre wegen einer Überbauung gekündigt, sie mussten ausziehen und konnten sich angesichts ihres hohen Alters nicht mehr aufraffen, eine vierte Anlage irgendwo anders wiederaufzubauen. Sie liquidierten die Bahn und verkauften, einer Laune folgend und ihre Söhne, die allerdings weder Handwerker noch Maschinisten waren, sowie den Verkehrsverein brüskierend, dem schon erwähnten Herrn Zumbach das Ganze samt Schwellennägeln und allem Drum und Dran.

Die Bahn heute

Es ist erstaunlich, wie lautlos die BBB, die doch Furore gemacht hatte, verschwinden und der Erinnerung entfallen konnte. Herr Richard Zumbach zügelte das Material in mehreren Lastwagenfuhren nach Grenchen. Dort stampfte er, auf der Kantonsgrenze Solothurn/Bern und wieder an einen SBB-Damm (Biel-Basel) angelehnt, innert Kürze zwei Geleisekreise, je einen pro Spur, Länge etwa 200 m, sowie Werkstatt, Drehscheibe, Schiebebühne und Wagenremise aus dem Boden. Gefahren wurde selten. Herr Zumbach, mittlerweile verstorben, bevorzugte den Bau dem Betrieb. Er vollendete eine grosse Esslinger, drei sind angefangen. Mit Vorliebe verwendete er alte Werkzeuge, um damit Lehrlinge zu überzeugen, dass auch derartige Instrumente dienlich sein können, solange der Mensch sie nur zu handhaben verstehe. Mit dieser Philosophie offenbarte er eine ausgesprochen tiefe Beziehung zum Hand-Werk.

Heute ist das Areal dicht bestockt, die Gleisstrecke versteckt, Maschinen und Wagen stehen still. Die kleinern Lokomotiven lagern seit einem Vandalenakt zur Sicherheit im Keller des Privathauses Zumbach in Evilard. Herr Dominique Zumbach, der junge Erbe, dem jetzt alles gehört, muss sich vor allen Dingen um die Leitung der Maschinenfabrik R. Zumbach AG kümmern. Zwangsläufig kann er, alleine, nicht den gleichen Aufwand für die Bahn erbringen wie die Brasts mit ihren Familien. Versuche, die Bewilligung für einen regelmässigen Betrieb zu erhalten, scheiterten teils an der Abneigung der Schrebergärtner in Grenchen wie der Sportler in Magglingen gegenüber Rauchschwaden, teils an den baupolizeilichen Auflagen betreffend Infrastruktur.

Loks und Wagen, die vor knapp einem halben Jahrhundert in Brugg ihre Runden drehten, die viel Freude brachten und die ihre Schöpfer überlebten, warten verborgen, auf dass sie vielleicht wieder einmal eingesetzt werden.

Von Ernst Kistler, Jurist in Brugg, veröffentlicht in den Brugger Neujahrsblätter 1990

Wir danken Herrn Ernst Kistler für die Ermächtigung seinen Artikel hier zu veröffentlichen.

Anmerkungen

1.

Für Auskünfte und Fotos danke ich: Jürg Brast, Luzem; Frieda Brast, Brugg; Helene Hosang, Umiken; Dominique Zumbach, Grenchen; Gertrud Zumbach, Evilard; Friedrich Lang, Schinznach-Dorf; Freddie Lang, Brugg; Richard Zinniker, Brugg; Traugott Schaffner, Lenzburg; Hans-Ulrich Schaffner, Riehen; Ida Schaffner, Brugg; Hans-Fred Stauffer, Ittigen; Otto Schmid, Biel; Emil Thalmann, Brugg; Paul Bieger, Brugg.

Wertvolle Informationen entnahm ich dem (Eisenbahn-Amateur; 9/1951)

2.

A steht für Schnellzug-, C für Güterzuglokomotive. Die Zahlen geben die Anzahl Achsen bekannt: Die vor dem Bruchstrich die Antriebsachsen, die nachher alle insgesamt (ohne Tender). Die Laufachsen dienen nur zur Unterstützung und Lastverteilung sowie zur Erzielung eines ruhigen Laufs und eines glatten Durchfahrens von Kurven, die Antriebsachsen werden von der Maschine aus in Umdrehung versetzt.

Die «Esslingen» stammte aus Esslingen, Deutschland, und wurde wegen ihres rund um den Kessel geführten Handlaufes auch „Gartenhägli“ genannt. Die Fabrik stellte anfänglich auch die Lokführer, die später Schweizer wurden. Lok, Führer und Heizer bildeten einen festen Trupp.

3.

Der Ehe entsprossen elf Kinder, nämlich Louisa (1883), Walter (1884), Clara (1889), Frieda (1893), Martha (1896), Hans (1899), Gertrud und Georg (1900), Viktor (1902), Hermine (1903) und Marguerite (1905). Georg wanderte nach Peru aus. Interessant sind die Geburtsorte: Bis 1889 Aussersihl, nachher bis 1900 Altenburg(!), anschliessend Brugg.

4.

Seine Frau, Frieda, geb. Schmid, 1902, lebt heute noch in Brugg, eine der drei Töchter, Helene, verwitwete Hosang, in Umiken.

5.

Die gebräuchlichsten Spuren: I: 45 mm, 0: 32 mm, HO: 16,5 mm, WESA: 13 mm, N: 9 mm, Z: 6 mm.

6.

Die feuerrot/schwarze Maschine steht heute vor dem Hotel Loki in Samen.

7.

Die Spur 7 1/4 Zoll war damals in England längst bekannt, in der Schweiz aber ein Novum. Heute finden sich Anlagen in dieser Spur mit mehr oder weniger regelmässigem Publikumsverkehr u. a. in Aigle, Jaberg, auf dem Gurten, in Rothenburg, Stein am Rhein, im Technorama / Winterthur, in Pully und Le Bouveret.

8.

Auf dem Kontinent dürfte diese Spur heute noch sehr selten sein. In Amerika ist sie in Vergnügungsparks verbreitet.

9.

Das Material für grosse Modellbahnen kann heutzutage fertig zusammengebaut oder in Bausätzen bezogen werden. Dem Dampfhobby wird unter dem Titel «live steam» gefrönt.

10.

Walter Brast war darüber hinaus ein Botaniker, der seine Pflanzen, einheimische und exotische, aufs genaueste kannte.

11.

Heruntergerüttelte Kohle fanden die Kinder oft entlang des Bahngeleises in der Umiker Kurve. Allerdings galt es vorsichtig zu sein, denn die Streckenwärter waren bewaffnet.

12.

Frau Zumbach, die als Mädchen die Kinder von Hans und Viktor hütete und die mit Hans vierhändig Klavier spielte, war den Brasts freundschaftlich zugetan.

13.

Nur die kleine Esslinger fehlt. Ich habe sie nicht gefunden.

Die Erbauer Hans, Walter und Viktor Brast v.l.) mit der "King George Fifth". Bei dieser Maschine liegen die Zylinder innen.

Hans Brast mit der nigelnagelneuen, noch unbeschrifteten "Royal-Scot" auf der Fischbach-Brücke.

Walter und Hans Brast beim Aufheizen der "King George". Man beachte den Staubsauger und den zur Bahn 1 gehörigen Viadukt.

Ein eleganter Zug

Parade der Züge (in Luzern). Von vorne: "Flying-Scotsman" (grün), "Esslinger" (schwarz), "Royal-Scotsman" (rot), "King George Fifth" schwarz, mit roten und weissen Streifen)

Bahnhof "Brugg West"

Frieda Brast in der Nordwest-Kurve auf der "King George" mit einem Kinderzug unterwegs.

Blick vom Bahndamm südwärts über das Brast-Areal. Garten und Gleisbogen sind deutlich erkennbar.

Die grossen Dampfloks in Grenchen ( A 2/4, A 3/5, C 2/2) mit Herrn Zumbach (rechts).

Frau Zumbach mit Sohn auf der A 2/4

15 1/2 Zoll Loks  -  A 2/4 und A 3/4

In dieser Spur ist der Führerstand wie bei einer grossen Lok

Herr Zumbach beim Einheizen

Herr und Frau Zumbach mit Sohn vor der Remise/Werkstatt in Grenchen

Neubau einer A 2/4

Eine Aciera-Fräsmaschine

Drei wunderschöne Lokomotiven A 2/4 - Esslinger C 2/2 - A 3/5

Royal Scot